Compart - Dokumenten und Output-Management

Aus der Praxis

Druckformate: Alle sind gut, aber keiner ist besser

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Die wichtigsten Dokumentenformate im Überblick

Kommt die Sprache auf Dokumentenformate im Output-Management, wird es schnell kontrovers. Dabei ist die Diskussion, welches Format nun besser ist, müßig – denn alle haben ihre Existenzberechtigung; seitenbezogene Druckformate wie AFP und PDF genauso wie inhaltsorientierte à la HTML und XML. Entscheidend ist vielmehr die Frage, welche Prämissen ein Unternehmen hat und wie die Strukturen seiner Dokumentenverarbeitung aussehen. Für einen Betrieb, der täglich nur ein paar Hundert Seiten druckt, gibt es keinen Grund, sich beispielsweise mit AFP zu beschäftigen.

Anders die Situation bei Unternehmen mit einem Druckvolumen von mehreren Millionen Seiten täglich. Es wird wohl um AFP nicht herumkommen, denn bekanntlich gilt das einst von IBM entwickelte Format als der Standard für den hochvolumigen und sicheren Produktionsdruck. Zu recht, denn es besitzt Features, die andere Formate nicht haben (siehe auch Rubrik "Formate-Wissen"). So ist beispielsweise die Überwachung des Drucks bei AFP am ausgereiftesten: Werden Inhalte nicht korrekt oder unvollständig ausgegeben, erfolgt automatisch eine Fehlermeldung. Nicht umsonst findet sich AFP vor allem in der industriellen Produktion von Rechnungen, Kontoauszügen, Wertpapier-/Depotaufstellungen, Überweisungsbelegen, Versicherungspolicen etc.

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Lesedauer: 4 Min

  • AFP für Massendruck
  • HTML5 als seitenunabhängiges Format
  • Vorteile von XSL-FO und XML

AFP für den sicheren Massendruck in hoher Qualität

Außerdem besitzt das Druckformat AFP ein ausgeprägtes Management für die Darstellung auf mehreren Seiten, für die Schachtsteuerung sowie für den Simplex-/Duplex-Druck – also für Bereiche, die in der Massenproduktion unerlässlich sind. Wegen der umfassenden und flexiblen Ressourcenverwaltung und Kompaktheit des Druckdatenstroms ist AFP in Anwenderkreisen äußerst beliebt.

Produkt- und Anwendungsentwickler schätzen dessen durchdachte und gut dokumentierte Architektur. Selbst ernstzunehmende Alternativen wie das Dokumentenformat PDF erreichen nicht diese Qualität beim Druck – auch wenn man es mit der Spezifikation PDF/VT versucht hat. Doch letztlich bleibt es nur ein Kompromiss, die Vorzüge des gängigen Druckformats AFP und die äußerst hohe Flexibilität von PDF zu einem neuen Dokumentenformat zu bündeln.

Andererseits: PDF mit seinen verschiedenen Spezifikationen ist auf Grund seiner hohen Kompatibilität ein weltweit anerkannter Standard und hat sich zweifelsohne als das Dokumentenformat für die langfristige, revisionssichere Archivierung (PDF/A) und die Erstellung von barrierefreien Dokumenten (PDF/UA) durchgesetzt. Letztlich hängt die Entscheidung, ob man in AFP oder PDF drucken soll, von der konkreten Situation ab. Wer als Unternehmen beispielsweise Dokumente in hoher Stückzahl im Original-Layout archivieren will oder muss, könnte sich überlegen, diese in PDF bzw. PDF/A auszugeben – er würde sich damit eine notwendige Konvertierung von AFP nach PDF ersparen.

PDF und HTML5 sind keine Konkurrenten

Wie auch immer: Beide Dokumentenformate AFP und PDF orientieren sich rigoros an A4 als Seitenstandard – und kommen deshalb dann zum Einsatz, wenn man seine Dokumentenverarbeitung stark an der A4-Ausgabe ausrichtet. Für die Darstellung im Web und auf mobilen Endgeräten sind beide Dokumentenformate aber ungeeignet. Hier kommt HTML5 ins Spiel. Der W3C-Standard ist derzeit das intelligenteste Format für die größen- und kanalunabhängige Erstellung und Ausgabe von Dokumenten.

Es ermöglicht die Re-Formatierung, beispielsweise von A4 zum Smartphone-Display, die Konvertierung von seitenbezogenen in textorientierte Dokumentenformate, die Extraktion von Einzeldaten (u.a. Rückgewinnung von Rechnungspositionen) und den Aufbau von Inhaltsverzeichnissen und Indexlisten.

Mehr noch: Mit HTML5 lassen sich auch audiovisuelle Elemente, Weblinks und Charts einbetten. So entstehen auf diese Weise nicht nur multikanalfähige, sondern auch intelligente Dokumente, die dem Nutzer einen über die reine Textdarstellung hinausgehenden Mehrwert bieten.

Die Entwicklung von HTML5 kommt funktional einem Quantensprung gleich. Die neue Version gilt mittlerweile als die „Sprache des Web“ und kann mit relativ geringem Aufwand ohne weiteres auch als Druckformat benutzt werden. Leider existiert immer noch die irrige Annahme, dass HTML5 und PDF „Konkurrenten“ seien, vor allem, wenn es um die Hinterlegung von Strukturinformationen geht. Weit gefehlt, denn schließlich ist HTML5 der kleinste gemeinsame Nenner für die kanalunabhängige Darstellung und Ausgabe von Dokumenten. PDF wird also nicht verschwinden, im Gegenteil: Beide Dokumentenformate bedingen einander. So kann HTML5 innerhalb der Dokumentenverarbeitung die Vorstufe zu PDF sein, denn für bestimmte Prozesse wie Archivierung wird nach wie vor PDF/A benötigt.

 

Schluss mit den „Religionskriegen“ bei Druckdaten!

 

Apropos: Geht es um die Etablierung eines kanalübergreifenden Output-Management, landet man früher oder später bei einem weiteren Druckformat, das zunehmend an Bedeutung gewinnt: XSL-FO. Die auf XML basierende Auszeichnungssprache besitzt gegenüber HTML einen entscheidenden Vorteil: Sie ermöglicht nicht nur eine von der Seitengröße unabhängige Erstellung und Ausgabe von Dokumenten, sondern liefert auch eine Vielzahl ausgefeilter Funktionen für die Gestaltung von Seiten. Mit XSL-FO ist es möglich, flexible Druckdaten und hochwertige Druckerzeugnisse zu erzeugen. Anders als HTML, das sich vor allem für Browser-Anwendungen eignet, kommt XSL-FO eher im Druck- und Archivierungsbereich zum Einsatz, also dort, wo innerhalb eines Dokuments viele Seiten anfallen.

Bliebe noch XML: Die nach ISO normierte Auszeichnungssprache gilt mittlerweile als Standard für die Übergabe von Daten aus Fachanwendungen an die Output-Instanz eines Unternehmens. XML-Technologien sind heute derart ausgereift, dass es für die Datenextraktion keiner besonderen Softwarekomponenten bedarf. Das gilt auch für die anderen Dokumentenformate.

Ob nun AFP, PDF, HTML5 oder XSL-FO – die gängigen Standards eines modernen Output-Management besitzen inzwischen einen derart hohen Abdeckungsgrad durch IT-Lösungen, dass es für ein Unternehmen kein Problem sein sollte, eine Gesamtarchitektur, die alle Szenarien bedient, zu entwickeln und zu etablieren; zumal die Kosten dafür auch überschaubar sind.

Daher sollte man endlich aufhören, „Religionskriege“ um das beste Dokumenten- bzw. Druckformat zu führen. Es geht um eine grundsätzliche Entscheidung, nämlich darum, wie die Dokumentenverarbeitung eines Unternehmens strategisch ausgerichtet wird:

  • Welche Kommunikationskanäle werden künftig in welcher Intensität eine Rolle spielen?
  • Mit welchem Dokumentenaufkommen ist zu rechnen?
  • Wie wird sich das Verhältnis zwischen physikalischem und elektronischem Versand entwickeln?

Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, weiß man auch, welche Dokumentenformate an welcher Stelle zum Tragen kommen. Alle besitzen sie Stärken, aber auch Schwächen. Entscheidend sind die Anwendungsszenarien, denn sie allein bestimmen die Relevanz der Dokumenten- und Druckformate für das jeweilige Output-Management eines Unternehmens.